Tenstedt

1217, 1320 und später „Tenstede" genannt, erst in jüngerer Zeit hat sich das Wort „Tenstedt" gebildet: Die Deutung des Namens ist nicht leicht, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Tenstede als Zehnstätte zu deuten, verbietet nicht die Wortbildung, wohl aber die Tatsache, daß alle Bauerschaften „Zehntstätten" waren, das Wort also gar kein Unterscheidungsmerkmal an sich hatte.

In den Ortsnamen Tenberge, Tenbrink, Tenbrock, Tenbusch, Tenkate, Tendahl, Tendyk, Tenelsen, Tenhagen und ähnlichen hat das „ten" die Bedeutung von „zu dem, zu den, zu der". Tenstede würde also „zu der Stätte" bedeuten. Auch diese Deutung scheint mir abwegig zu sein; sie passt schon zu einem Hof, zu einer Stätte, kaum aber zu einer großen Ortschaft.

Nimmt man die Bedeutung Tenstedt = zehn Stätten, so stößt man auf zwei Schwierigkeiten. Tenstedt hatte 4 Ganz- und 5 Halberben, das sind neun und nicht zehn Stätten. Möglich wäre es, daß die beiden Kötterstellen haben und Stratman, die mitten im Dorfe Hegen, früher eine Halberbenstelle gewesen wären, dann wären es zehn Stätten. Aus den Akten geht eine solche Teilung nicht hervor. Dann aber müsste es nicht Tenstede, sondern Tensteden heißen.

1919 war es, da schrieb die Gemeinde Tennstedt in der Provinz Sachsen (sie hatte etwa 3000 Einwohner) an den „Pfarrer von Tenstedt in Oldenburg" und bat, ihr mitzuteilen, was der Name Tenstedt bedeute; sie fände für den Namen keine Deutung.

Die Bauerschaft Tenstedt liegt fast ganz im fruchtbaren Lößgebiet, ist mithin auch für Obst- und Gemüseanbau sehr geeignet. Stellenweise, besonders nach Nordosten hin, ist der Grund stark anlehmig.

1837 wohnen von den 1314 Einwohnern der Gemeinde 400 in Tenstedt, Osterhusen, Darenkamp und Schwede ausgeschlossen.

Eine Kapelle wie Sevelten und Elsten hat Tenstedt wohl nie gehabt, lagen doch die Bauernhöfe nur 2-3 Kilometer von der Cappelner Kirche entfernt. Aber ein Oratorium (Bethaus) wird 1613 genannt; wo hat es gelegen? Ist die Fronleichnamsklause, Grote gegenüber, die Nachfolgerin dieses Bethauses? Alte und gebrechliche Leute konnten ihre Osterbeichte in diesem Oratorium ablegen.

Bereits 1669 war in Tenstedt eine so genannte Winkelschule; die Bauern suchten sich eine geeignete Person, die zu lesen, und zu schreiben verstand und stellte diese für den Winter als Lehrer an. Später schaltete sich der Pfarrer ein und sorgte dafür, daß gute Lehrkräfte Anstellung fanden. 1721 ist noch kein Schulhaus da, dagegen unterrichtete 1772 der Lehrer Johan Suden (von Sudings Stelle) die Kinder in dem Schulgebäude, das der Bauerschaft gehört; er bekommt pro Kind 22 Grote, zu Weihnachten eine Gänsebrust und zu Fatsnacht 12 Eier von jedem Kinde. Der Lehrer Suden konnte auch etwas rechnen. 12 Jahre später besucht Overberg die Schule, er schreibt: „Im brauchbaren Schulgebäude unterrichtet der Heuermann Johann Suden im Winter die Kinder, meist sind es 27. Fleiß und Aufführung des Lehrers größer als mittelmäßig, sein Fleiß und seine Aufführung werden gerühmt. In Religion waren die Kinder sehr gut unterrichtet." 1834 hat der Lehrer Johann Joseph Suden keine Dienstwohnung, seinen Markplacken von zwei Malter 4 1/2 Scheffelsaat, einen Moorplacken von 9 Scheffelsaat 8 2/3 Kannen und eine ebenso große Wiese. Von jedem Schulneuling erhielt er 4 Grote Eingangsgeld, dann 18 Grote Schulgeld, zu Neujahr eine Mettwurst oder 6 Grote und zu Ostern 12 Eier oder 4 Grote. Bei 66 Kindern und 19 3/4 Taler sonstiger Einnahmen machte das im Jahre 50 Taler 54 Grote. Das war für die Schularbeit von Michaelis bis Ostern, also nur für die Winterzeit berechnet. Im Sommer war der Lehrer als Landwirt, Hollandgänger, Handwerker oder sonst beschäftigt. Diese 50 Taler, in Sachwerte umgerechnet, boten eine annehmbare Beihilfe.

Schulzwang bestand nicht; so versteht man es auch, daß 1784 nur 27 Kinder die Schule besuchen; in den Jahren 1770/78 waren in Tenstedt rund 100 Kinder geboren (genau 99), das 1772 war ein Epidemiejahr, es starben in dem Jahre mehr Kinder unter 14 Jahren, als das Jahr Geburten aufzuweisen hatte; von den 99 Kindern sind 29 vor 14 Jahren gestorben, so bleiben 70 schulpflichtige Kinder, von diesen besuchen nur 27 die Schule. Das sind rund 38 % ; das war noch ein guter Satz; anderswo zählte man weniger, viel weniger. Nun standen die Schulen in der Gemeinde Cappeln im guten Rufe, das Prädikat „Sehr gut" hat Overberg nur wenigen Schulen gegeben, irre ich nicht, nur viermal.

Wechselvoll ist die Geschichte des Tenstedter Fruchtzehntens. Dieser Zehnte einer großen Bauerschaft mit fruchtbarem Eschboden bildete eine gute Einnahme. Ursprünglich war dieser Zehnte für die Cappelner Kirche bestimmt. Schon früher ist er leider an die Adligen verkauft worden. 1442 besitzen ihn die Adligen Borries von Südholte und die v. Lutten ein jeder zur Hälfte. Borries schenkte seine Hälfte seiner Tochter, sie war Nonne im Kloster zu Blankenburg bei Oldenburg. Der Adlige stiftete damit eine Memorie (Jahresgedächtismesse) für sich, seine Frau und seine Eltern. Die Nonne behielt die Hälfte für sich, die andere Hälfte schenkte sie ihren Mitschwestern, die dafür die Memorie mittätigen halfen. Also nicht das Kloster, nein, die Nonne Lucke war Besitzerin dieses Zehntens, sie bestimmte auch im Falle ihres Ablebens die Nachfolgerin. Bestimmt war auch, daß im Falle eines Verkaufes dieses Zehntens die beiden Adeligen Vorkaufsrecht hatten. Die Pflicht der Memorie aber blieb auch dann bestehen. Sollte das Kloster aufgehoben werden, fällt der Zehnte an die Adeligen zurück.

Fast hundert Jahre hatte die Sache gut gelaufen, dann entstanden Reibereien. 1530 werden sie dahin geschlichtet: Zwei Jahre erhebt Lutten den ganzen Zehnten, dann zwei Jahre das Kloster Blankenburg. So sehen beide Partner, was der Zehnte einbringt. Dann pachten die von Lutten den ganzen Zehnten und führen das halbe Geld an das Kloster Blankenburg ab.

Auch das gefiel nicht, und 1536 wird die Sache gedeichselt: Die v. Lutten fuhren an den Klostermeier vom Kloster Blankenburg, Klostermann in Döllen, abwechselnd das eine Jahr 16 Malter Roggen, das andere Jahr 24 Malter Hafer ab; diese Quote wurde 1557 in 12 und 20 Malter abgeändert.

War dieser Zehnte ein Grund mit, daß der Oldenburger Graf Anton I. das Kloster Blankenburg nicht säkularisierte? In diesem Falle wäre ja der Zehnte an die v. Lutten ohne Entschädigung zurückgefallen. Später haben die v. Lutten den Zehnten ganz erworben, sie hatten ja Vorkaufsrecht. 1794 haben dann die Tenstedter ihren Zehnten für 14000 Taler aufgekauft, sie konnten die hohe Summe aber nicht zusammenbringen und machten den Kauf rückgängig. Der Lether Adelige v. der Decken, der das Gut Schwede kaufte, erwarb nun auch diesen Zehnten für 15000 Taler. Als dann v. Frydag das Gut Schwede erstand, verzichtete er auf den Zehnten, wahrscheinlich war ihm der Preis zu hoch. Postmeister Meier von Bohmte erstand den Zehnten für 23420 Taler. Bei der Zehntziehung aber kam es Jahr für Jahr zu allerhand Reibereien, der Geist des Jahres 1848 ging um. 1851 konnten die Tenstedter ihren Zehnten für 9000 Taler freikaufen. Der erste oldenburgische Landtag 1848 bestimmte, daß solche Zehnten mit dem 16fachen Betrag des Wertes des Durchschnittsertrages der letzten 30 Jahre abgelöst werden könne. Die Verhandlungen verliefen langsam, der Postmeister hoffte natürlich, seine gezahlten 23420 Taler wieder dabei herauszubekommen. Es wurden nur 9000 Taler. Und der Satz war noch hoch.
Pagenstert zählt für 1750 in Tenstedt auf: 4 Ganzerbstellen, 5 Halberbstellen, 4 Pferdekötter, l Hußler.

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